Otto Brahm

Nora ved Lessing-Theater anmeldt av Otto Brahm i Die Nation i Berlin 1. desember 1888 (Nr. 9, s. 134-136).

Theater.

Lessing-Theater:   Nora.   Schauspiel in drei Aufzügen von Henrik Ibsen.
Berliner Theater:   Eva.   Schauspiel in fünf Akten von Richard Voß.

Als Nora und ihr Gatte Robert Helmer in nächtiger Stille einander gegenüberstehen und die Stunde der Scheidung gekommen ist, fragt Robert, innig bemüht, die Fliehende zu halten: ob eine Rückkehr in die alte Vertraulichkeit nicht dennoch, in der Folge der Zeiten, erhofft werden könne. Und Nora erwidert:

    Dann müßte das Wunderbarste geschehen. Dann müßten wir beide, du sowohl wie ich, uns so verändern, daß ach, Robert, ich glaube nicht mehr an etwas Wunderbares.
    Helmer. Aber ich glaube daran! Nenne es! Uns so verändern, daß ?
    Nora. Daß ein Zusammenleben zwischen uns beiden eine Ehe werden könnte!*)

Das letzte Wort der Nora ist mit diesem Satze ausgesprochen, ihr letztes Wort in jedem Sinne, ihre Tendenz, ihr Problem. Mit der ganzen Klarheit seiner Auffassung hat Ibsen das Thema gegriffen, mit der ganzen Plastik seiner gestaltenden Kraft es aus der Sphäre der nur gedachten, sozialen These in das Reich der poetischen Anschauung hinübergerückt. Nora und Helmer sind vermählt seit acht Jahren, drei Kinder umgeben sie, und nichts scheint an ihrer Heiterkeit, ihrem Glücke zu fehlen: «Ach, es ist doch wunderschön, zu leben und glücklich zu sein,» so ruft Nora aus, im Vollgefühl einer gesicherten Existenz. Aber in einer Stunde der Prüfung, die über sie und den Gatten kommt, muß sie erkennen, daß diese ganze Herrlichkeit auf hohlem Grunde ruhte; daß der Mann, an dessen Seite sie so vertrauend gelebt, ein selbstsüchtiger und kleinlicher und eitler Philister ist, der sie nicht liebt, dem es nur Vergnügen macht, in sie verliebt zu sein; der sie wie seine Puppe hält (Et Dukkehjem, ein Puppenheim lautet der ursprüngliche Titel des Stückes) und der diejenige, welche die Genossin seines Denkens und Empfindens sein sollte, zu einem aufgeputzten Schaustück macht, mit welchem zu paradiren ist. Mit einem Worte, sie erkennt: daß ihr Zusammenleben mit Helmer den Namen einer Ehe nicht verdient. Und darum verläßt sie im Uebermaß eines plötzlich erwachenden, individuellen Dranges nach Freiheit und Wahrheit das Haus des Gatten, und in einsamer Muße wird sie die Gedanken alle durchdenken, welche sie so lange gläubig nur empfangen hat vom Vater und vom Mann; alle konventionellen Begriffe, die sozialen und die religiösen, will sie prüfen aus der eigenen Natur und erkennen will sie, wer Recht hat: die Gesellschaft oder sie.

Das Eigenthümliche in der Kunstform dieses Stückes ist nun dieses, daß der Ideengehalt, wie wir ihn eben entwickelt haben, nur ganz allgemach vor dem Zuschauer sich entfaltet; daß er besonders gegen den Schluß hin überraschend herausspringt aus einer bis dahin scheinbar nach ganz anderer Seite geführten, auf ganz andere Effekte gerichteten Fabel. Das Stück hat einen Januskopf, so zu sagen, es blickt nach den spannenden Wirkungen im Stile der Franzosen, und nach der neuen Richtung auf das ethische Problem, welche Ibsen völlig original gefunden hat, zugleich aus. Es hat zwei Handlungen demnach, eine äußere und eine innere, und durch volle zwei Akte erscheint jene als das Wesentliche des Stückes: in tiefer Theilnahme, mit verhaltenem Athem folgen wir dem Spiel und Gegenspiel der Intrigue zwischen Nora und ihrem Gläubiger Gunther, den Drohungen, welche die aus Unwissenheit (die Juristen würden von mangelndem dolus sprechen) zur Fälscherin gewordene Frau verfolgen, dem Hinüber und Herüber der Herzenskämpfe in ihr, zwischen Furcht und Hoffnung und Todesgedanken. Die Wirkungen, welche hier erzielt werden, greifen tiefer als diejenigen der Sardou und Dumas, weil der Dichter der Natur näher bleibt, weil er Menschen von ganz persönlicher Art, lebend in jedem Zuge, jeder Geste, uns hinstellt, wo jene nur allgemeine Typen gewandt variiren; aber in der Führung der Handlung, in der auf Spannung und Ueberraschung gerichteten Entwicklung der Fabel ist doch Ibsen jener französischen, von Scribe zuerst gefundenen Gattung noch nahe, und er bewegt sich in ihr mit der vollkommenen Sicherheit eines geborenen Dramatikers. Daß das Stück schon vor einem Jahrzehnt entstanden ist, läßt sich an diesen Grundzügen nur wahrnehmen: denn die unberührte Frische seiner Charakteristik würde sein Alter wahrlich nicht ahnen lassen.

Erst mit dem dritten Aufzuge kommt der ganze Ibsen, der Ibsen von heute deutlich heraus, und wir erkennen, daß jene äußeren Vorgänge nur den Anlaß hergaben, den geistigen Konflikt in Bewegung zu setzen, daß sie nur der Prüfstein waren, für die Charaktere von Mann und Frau. Um den todtkranken Gatten zu retten, hat Nora den Schuldschein, welcher ihr nun Verderben bringen soll, mit dem Namen ihres Vaters unterschrieben; aber Helmer, ungerührt von so kindlich fehlender Liebe wirft die schnödesten Worte der eben erst zärtlich Umfangenen zu, erbittert nicht durch die sittliche Schuld an sich, sondern nur geängstigt durch die Furcht vor den Folgen für ihn selbst: denn als nun das Unwetter sich unverhofft verzieht, und das «abscheuliche, schmutzige Papier» verbrannt und vernichtet ist, da bietet er sogleich Versöhnung der schwer Geschmähten an und alles soll sein, wie zuvor. Aber nun erhebt Nora, sie, eben noch die Angeklagte, selber ernste Anklage gegen den kleinlichen, korrekten Mann, welcher die Sache um jeden Preis vertuscht haben wollte, welcher sich aus Feigheit in die Hände des Verfolgers gegeben hätte, zu jedem kleinlichen Opfer bereit, nur nicht zu demjenigen, welches: die Wahrheit heißt. In klaren, kühlen und doch wiederum excentrischen Worten zieht Nora die ganze Summe ihrer häuslichen Existenz, die aus Abhängigkeit, Gedankenlosigkeit, Gewährenlassen im Kleinen sich zusammensetzt; und zu der der freie Muth der Seele in herrlichem Gegensatz steht, den sie dennoch bewahrt hat unter all dem Entstellenden und Drückenden. Sie, welcher der moralische Begriff des Rechtthuns fehlt zufolge einer Erziehung für die Puppenstube, trägt doch den Gedanken des natürlichen Rechtes tief in ihrem Innern; und sie stellt, eine moderne Antigone, das ungeschriebene Gesetz der Pietät dem geschriebenen Gesetz unserer Gesellschaft kühn entgegen: «Eine Tochter sollte nicht das Recht haben, ihren alten todtkranken Vater mit Kummer und Sorgen zu verschonen? Eine Frau sollte nicht das Recht haben, ihrem Manne das Leben zu retten? Dann müssen wir sehr schlechte Gesetze haben.» Und als man ihr erwiderte, sie verstehe die Gesellschaft nicht, in der sie lebe, da erwidert sie unbeirrt: «Das thu ich auch nicht. Aber nun will ich sie kennen lernen. Ich muß mich überzeugen, wer Recht hat, die Gesellschaft oder ich.» Und sie, welche die Lüge im Kleinen ausspricht, kaum ohne ihrer gewahr zu werden, welche mit Schmeicheleien und Erfindungen den Vater und den Gatten zu umgehen sich gewöhnt hat, weil sie nur die Lerche sein soll, der Singvogel, welcher den ernsten Mann spielend umzwitschert, sie hat dennoch den ethischen Trieb zur Wahrheit, zur Aufopferung und alles vergessenden Liebe in sich bewahrt, und nicht daß der Mann ihre Schuld vertuschen, sondern daß er alles auf sich nehmen werde, ist ihr naiver, aus der eigenen freien Seele entstammender Glaube.

Nicht als eine typische Gestalt, welcher er das eigene Empfinden ohne Weiteres einbläst (wie etwa die Franzosen es mit ihrem Raisonneur thun) hat Ibsen so seine Nora entwickelt, sondern er hat, bei aller Sympathie für die Heldin, ihr dennoch ganz singuläre, individuelle Züge geliehen, welche der Verallgemeinerung entgegenstehen. Er behandelt dasjenige, was man «die Frauenfrage» nennt, nach seiner Weise, das heißt als ein Dichter; und darum schafft er Menschen von Fleisch und Blut und Nerven, mit Eigenheiten und Excentricitäten, eigensinnig und erregt. Wer für jedes Wort, das Nora spricht, den Dichter verantwortlich machen wollte, würde ihm gröbliches Unrecht thun; und doch hat es dem Stücke an Beurtheilern nicht gefehlt, welche Noras Pathos und Ibsens Pathos ohne weiteres gleichsetzten, und mit einem starken Argument ad hominem fragten: «Also Helmer soll Noras Schuld auf sich nehmen? Ja, würde denn Ibsen das thun?» Zum Mindesten vor der ersten Berliner Aufführung (im Herbst 1880) hat es Beurtheiler von dieser Art gegeben, und sie haben das Stück damals zu Falle gebracht; aber zum Glück sind wir in den acht Jahren, die seitdem verflossen, in der Erkenntniß der Ibsenschen Kunst um ein gutes Stück weiter gekommen, wir haben den gedankenmäßigen Zusammenhang dieser merkwürdigen Schöpfungen kennen lernen, und Niemand, der offene Sinne und ein empfängliches Gemüth hat, verkennt nun noch die glänzenden Gaben der Charakteristik, die in «Nora» walten, den tiefsinnigen Aufbau des Ganzen und den unendlichen Reiz des Einzelnen, in der Führung der Szene und des Dialogs. Werke, wie sie Ibsen uns schenkt, in der ganzen Fülle ihrer Schönheiten auszuschöpfen, würde nur in einer Schritt für Schritt analysirenden, Seite um Seite dem Poeten folgenden Interpretation möglich werden; dem Kritiker muß es genügen, den Ideengang im Großen darzulegen, und jene Irrthümer abzuweisen, welchen gerade die feinere Intention so leicht begegnet.

Die Darstellung, von Herrn Possart vortrefflich geleitet, wirkte hinreißend auf die Hörer, die im Beifall sich nicht erschöpfen konnten. Nora war Fräulein Petri, ein liebliches Bühnentalent, welches in der viel fordernden Aufgabe mit allen Ehren bestand; Frau Niemann, bei jener älteren Darstellung, hatte im Einzelnen stärker und virtuoser, aber weniger treffend im Ganzen gewirkt. Ebenso hat Herr Stägemann die einst von Herrn Keppler falsch ergriffene Figur des Helmer erst ins rechte Licht gesetzt, und mit einer Selbstverleugnung, welche die Darsteller der Liebhaberrollen nur selten aufbringen, all das Pedantische und Kleinliche der Gestalt von Anfang an deutlich gekennzeichnet. Ein Zug von äußerer Liebenswürdigkeit wäre allenfalls noch hinzuwünschen, welcher die Neigung Noras erst recht begreiflich machte. Günther war Herr Possart, eine feste, nur etwas ins Düstere gemalte Gestalt, der man den Aufschwung zum Besseren schwer zutraute. Den Ton der Dichtung aber trifft Herr Possart, weil er von der Tragödie herkommt, weitaus am Besten, erst mit seinem Erscheinen kam die rechte Ibsensche Stimmung auf; die anderen Darsteller, weil sie aus dem Lustspiel und dem Schwanke kommen, nehmen den Text oft zu leicht, sie wischen flott über Schwerwiegendes hin und lassen die Wirkungen zerflattern. Wie anders muß der Gegensatz der Meinungen aufeinander treffen, scharf und schlagend, wenn etwa Helmer ausruft: «Niemand opfert derjenigen, die er liebt, seine Ehre!« und Nora erwidert: «Das haben Millionen Frauen gethan.» Nicht den einzelnen Darsteller trifft hier die Schuld, der ganze Stil unserer Schauspielkunst ist der Angeklagte, und auch von ihr gilt, was unsere Autoren trifft: Moser hat sie ganz verdorben. Und darum ist dem Ibsenschen Werken ein immer reicheres Bühnenleben zu wünschen, auch im Interesse unserer Darstellungskunst: sie führen, wie den Zuschauer, so den Schauspieler, zu dem Natürlichen und Großen hin, zu neuen unverbrauchten Gestalten, an denen eine nachschaffende Kunst sich bilden und reifen mag.

Von solcher vorbildlichen Wirkung ist Richard Voß noch fern; aber wenn man die unsicheren schwülstigen Anfänge des Dichters, diese «Patrizierin» und «Luigia Sanfelice» vergleicht mit seinen jüngsten dramatischen Versuchen, so ist ein Vorschreiten zu den modernen Ideen und Stilarten auch bei ihm deutlich wahrzunehmen. Er greift nach dem gegenwärtigen Leben, in «Zwischen zwei Herzen», wie in «Eva»; und er sucht Anlehnung an die norwegischen wie an die französischen Muster und gestaltet das Problem der Ehe und die Gegensätze zwischen Gründerthum und ehrlicher Arbeit, wie es Ibsen in «Nora», wie es Björnson im «Fallissement» geschildert. Diesem letzteren Werke folgt er mit besonderer Genauigkeit, und man könnte sozusagen die ganze «Eva» aus dem nordischen Drama ableiten: Graf Düren, der Besitzer des Schwindel-Bergwerks «Eva» ist der Großhändler Tjàlde; der Fleischermeister Hempel, welcher «Hallunke» ruft, ist jener Braumeister Jacobsen, der den Tjàlde «Schuft» nennt; Eva ist zuerst Signe, die verzogene, welche mit einem Aristokraten Elimar, dem Nachbild des norwegischen Lieutenants, verlobt ist (sogar auf die aufrührerischen Arbeiter will er vom Fenster aus mit der Pistole schießen, gleich diesem); und sie wird, als sie der Flattergeist verlassen hat in ernster Stunde, zu Björnsons Walburg, welche den plebejischen Sännäs heirathet, Sännäs mit den rothen Händen, den ersten Commis ihres Vaters, der diesmal Johannes Hartwig heißt. Und auch die Wahrheit der Schilderung reicht ungefähr soweit, wie Björnsons Einfluß: und als der Dichter eine neue Wendung nimmt, als er Elimar zu der nun vermählten Eva zurückkehren läßt in dunkler Winternacht (während man von Björnsons Lieutenant nie wieder gehört hat), da geräth er ins Romanhafte und Theatralische, da kommt er von dem Fahrwasser der Norweger in das Fahrwasser der Franzosen. Elimar wird nun der Roué der Dumas und Sardou, der eine ehrliche, vertrauende Frau zu sich hinüberlockt, bis daß sie das Haus des Gatten und ihr Kind verläßt, von neuer Ehe träumend; als aber Eva die Treulosigkeit des Mannes erkennt, als sie ihr Dasein vernichtet, ihre Ehre zerbrochen sieht, da schießt sie den Verführer über den Haufen und stirbt, mit dem Gatten versöhnt, im Gefängniß.

Vossens Dichtung, bei mancher effektvoll gebauten Szene hat es zumal darin versehen, daß sie durch ideale und romanhafte Motive ihre nur in der Form naturalistische und der zufälligen Wirklichkeit folgende Handlung treibt. Unreale Motive bewegen Johannes Hartwig, den praktischen Fabrikanten, den Mann der harten Arbeit (ein «Hüttenbesitzer» redivivus); wir verstehen ihn nicht, wenn er den Spekulationen des Grafen Düren blindlings vertraut denn daß er Dürens Tochter liebt, ist doch wohl kein ausreichender Grund , und wir verstehen ihn nicht in seinem Abhängigkeitsverhältniß zu einer alten zänkischen Mutter, deren Gestalt er zum Schutzengel selbst sich ruft in schlimmen Stunden: o ma mère, seufzt er dann, gleich den Helden der französischen Boulevardstücke. Und allgemeine ideale Motive sind es, welche Eva treiben, die sogenannte Liebe zumal, eine von Zeit und Raum unabhängige, abstrakte Empfindung, welche sich niemals verändert, auch wenn ihre Lebensbedingungen aufhören, welche alles und nichts bedeutet und als Triebfeder der Handlung nur dann möglich wird, wenn der Dichter sie uns, glaubhaft im Einzelnen und sieghaft im Großen, zu schildern weiß. Hätte Voß, statt mit so vagen Motiven zu arbeiten, gezeigt, wie die Ehe zwischen dem Bürgerlichen und der Komtesse an einer inneren unüberwindlichen Verschiedenheit zerschellt, an einem Gegensatz der Neigungen und Instinkte, der Gewohnheiten und der sittlichen Triebe, so hätte sein Werk erst einen wirklich modernen Gehalt bekommen; er aber gelangt über die Ansätze dazu nicht hinaus, arbeitet mit Sprüngen und lockeren Entwicklungen, welche durch ganze Jahre hindurchlaufen und zieht die starken Theaterwirkungen der konsequenten künstlerischen Ausbildung noch vor. Aber auch so wie es ist, mit seinem kecken Greifen nach dem Bühnenmäßigen und der häufig vorbrechenden feineren poetischen Empfindung, bleibt das Drama bemerkenswerth innerhalb der gegenwärtigen Produktion; und bei dem eifrigen Streben dieses Dichters dürfen wir von seiner vorwärtsschreitenden Dichtung noch Besseres für das deutsche Schauspiel erhoffen.

Im Mittelpunkt der Aufführung steht Frau Hedwig Niemann als Eva. Wo es gilt, einen selbständigen Charakter nachzuschaffen, da greift die eigenwillige Art dieser Darstellerin häufig fehl und darum mißlang einst ihre Nora; wo nur eine in allgemeine Linien gehaltene Figur aufzufassen ist, da findet sich Frau Niemann, mit ihrer reich ausgebildeten Individualität am rechten Ort, sie legt sich dann mit ganz persönlichem Zauber in die Rolle hinein, gibt ihr Farbe und Leben, Lachen und Weinen, verhaltenes Empfinden und diskretes Wort. Mit einer Miene, einer leisen Geste, wirkt dann die Künstlerin mehr, als andere mit Schreien und Augenrollen; und sie zeigt eine ernste schauspielerische Kraft, wenn es nun aus der Ruhe zur Aktion geht, zum Kampf, zur That: Evas Schuß auf den Verführer ist von solcher Art, und er wirkte überzeugend, echt. Herr Barnay als Fabrikant Hartwig, Herr Stahl als Elimar und Frl. Butze als derbe Frau Dörte unterstützten Frau Niemann auf das Glücklichste, so daß nach manchen minder lobenswerthen Aufführungen, in welchen um die Sterne Friedrich Haase, Clara Ziegler und Ludwig Barnay mancherlei zweifelhafte Trabanten sich trübselig bewegten, diese Darstellung wieder zu den gelungenen des Berliner Theaters zählt.

Otto Brahm.


*) Nora von Henrik Ibsen. Deutsch von Wilhelm Lange. Reclams Universal-Bibliothek Nr. 1257.
Publisert 2. apr. 2018 13:50 - Sist endret 2. apr. 2018 13:52